Heute lade ich noch mal zu einem kleinen Spaziergang am Popperöder Bach ein, der ja bereits vor der Breitsülze für Mühlhausen von Bedeutung war.
Ursprünglich soll ja der Bach als Swelmena zur Altstadt geflossen sein. Daher kommt wahrscheinlich auch die Bezeichnung als Schwemmnotte im Stadtgebiet.
1199 soll dann die Popperöder Quelle durch ein Erdbeben entstanden sein, so daß der Wasserlauf, der noch aus weiteren Quellen gespeist wurde, eine ständige Wasserversorgung für die Stadt sicherte.
So fanden dann auch seit Anfang des 17. Jahrhunderts jährlich die Quellfeiern an der Popperöder Quelle statt, die mit ihrer Einfassung und dem Brunnenhaus von 1614 zu den schönsten Quellen Thüringens zählt.
Erst waren es nur die Schüler des Gymnasiums, die hier mit den Lehrern, den Eltern und den Gästen aus nah und fern feierten. Später waren es vor allem die Volksschulen, die hier im Wechsel das Brunnenfest feierten.
Die festlich gekleideten Mädchen und Jungen zogen mit Musik von ihrer Schule nach Popperode, wo nach der Ansprache des Direktors und dem Gesang der traditonellen Brunnenfestlieder, die Blumengebinde der Quelle übergeben wurden.
Dann gab es Kaffee und Kuchen, Spiele und Tänze auf der Festwiese und Musik und Tanz im Biergarten.
Als dann die Gaststätte von Popperode in den sechziger Jahren geschlossen wurde, fand der gemütliche Teil auf der Schwanenteich-Terrasse statt.
Auch sonst war das Terrassencafé am Schwanenteich beliebt bei Jung und Alt. Und natürlich auch der Gondelteich und das Schwimmbad, das nach seiner Modernisierung "Bad der sozialistischen Jugend" hieß.
Hinter dem Schwanenteich, wo der Popperöder Bach früher auf der Nordseite zur Schneidemühle floss, wechselte der Wasserlauf zur Südseite und floss dann beim Gänsedörfchen vorbei zum Obermühlenweg.
Hier lagen dann, noch vor der eigentlichen Nikolai-Vorstadt, die Obermühle, die Mittelmühle, die Rote Löwenmühle, die Kettenmühle und die Pulvermühle.
Bei der Pulvermühle zweigte ein Seitenarm des Popperöder Baches zur Wanfrieder Straße ab, der dann erst am Kugelleich wieder in den Bach mündete.
Der Popperöder Bach floss entlang der Kettengasse und gelangte bei der heutigen Lutterodtstraße in die Vorstadt St.Nikolai, wo er nördlich der Spielbergstraße zur Weidenmühle weiterfloss.
1525 hatte Klaus Weidenmüller Heinrich Preiffer bei sich aufgenommen, der sich hier auch mit seinen Anhängern traf.
Als 1633 weimarische Truppen in die Stadt einrücken wollten, wurden die Tore geschlossen. Deswegen sperrten die Soldaten am Blobach und bei der Weidenmühle die Wasserzuläufe zur Stadt ab und zogen erst nach einer Intervention der Stadt beim Fürsten wieder ab.
Hinter der Weidenmühle biegt dann der Bach nördlich der Spielbergstraße nach Norden ab.
Hier muß der Bach früher recht tief gewesen sein, den 1741 ertrank hier "... ein alte Magd beim Mäuerchen hinter der Weidenmühle ..." und 1761 ertränkte sich hier "... ein Tuchmacher mit Namen Schramm von St.Nikolai, er konnte sich mit seiner Frau nicht vertragen ..."
Hinterm neuen Brunnen floss der Bach dann zum Kugelleich. Hier dürfte der älteste Teil der Nikolai-Vorstadt gelegen haben. Denn gleich nebenan lag der Bühl der Herren von Bodenstein, nach dem dann der Lindenbühl benannt wurde. Ein Bühl war ein befestigter Feudalhof und der Sitz der Bodensteiner könnte hier schon vor dem Bau der Stadtmauer eine wichtige Rolle zum Schutz der Stadt des Königs gespielte haben.
Bei der Verlängerung der Brunnenstraße fand man hier Hinterm neuen Brunnen Reste ehemaliger Häuser und eines früheren Brunnens.
Die Kugelleichsmühle war dann die letzte der acht Mühlen am Popperöder Bach, der dann nach der Unterquerung der Stadtmauer als Schwemmnotte bezeichnet wurde.
Die Kugeleichsmühle könnte früher den Herren von Bodenstein gehört haben, die im 13. Jahrhundert ihre Mühle am Entenbühl der Stadt verkauft hatten.
Bald hinter dem Felchtaer Tor zweigte ein breiter Straßenbach von der Schwemmnotte ab, der durch die Felchtaer Straße zum Untermarkt weiterfloss.
Die Schwemmnotte floss unter dem im 16. Jahrhundert errichteten Färberhaus zur Pfeffermühle und dann am Badergäßchen vorbei in Richtung Rathaus.
Natürlich wurde das Wasser durch die Färberei verunreinigt und so kam es des öfteren zu Beschwerden der Anreiner am Ledern Käppchen über das ".. verdorbene Wasser ..."
Am Badergäßchen, wo heute die Neubauten aus den achtziger Jahren stehen, war früher eine Badestube. Der Bader hatte besonders im Mittelalter eine wichtige Funktion. Hier konnte man nicht nur baden, sondern bekam auch Haare und Bart geschnitten und Zähne gezogen.
Sogar kleine Operationen wurden vom Bader durchgeführt.
Später wurde dann aus dem Bader der Barbier, der nur noch für Bart und Haare zuständig war. Die Badestuben kamen dann im 18. Jahrhundert aus der Mode und verschwanden nach und nach.
Der Bachlauf der Schwemmnotte am Badergäßchen wurde in den achtziger Jahren neu gestaltet.
Bei der Ratstraße floss die Schwemmnotte dann unter dem ältesten Teil des Rathauses entlang.
Der Regierungssitz des Rates der Freien Reichsstadt war wohl um 1300 bewußt über dem Bach erichtet worden, um so die Altstadt im Süden mit der Neustadt im Norden zu verbinden.
Anscheinend hatte das Rathaus schon im 12. Jahrhundert einen Vorgängerbau, vielleicht den Sitz des königlichen Präfekten oder Stadtvogtes, der hier an der Grenze zur Neustadt und St.Jakobi errichtet wurde.
Unmittelbar neben dem Bach befand sich im ersten Rathausanbau das Stadtgefängnis, das damals auch als Teufelsbad bezeichnet wurde.
Hinter dem Rathaus floss der Bach dann an der Nordseite des Barfüßerklosters weiter in Richtung Entenbühl.
Auf dem Damm, wo heute noch einige alte Gerberhäuser stehen, hat man noch einen schönen Blick zur Kirche des früheren Barfüßerklosters am Kornmarkt.
Sowohl die Gerber in der Wahlstraße und der Kuttelgasse, nutzten das Wasser der Schwemmnotte. Mühlhäuser Leder war früher weithin bekannt und so gab es dann im 19. Jahrhundert hier auch einige Lederfabriken. Dafür verschwanden die kleineren Gerbereien und zuletzt war nur noch der Gerber Jürgen Stölker in der Zöllnersgasse übrig.
In den letzten Jahren war man bemüht, das historische Ensemble an der Schwemmnotte zu erhalten, aber so richtig befriedigt das Ergebnis noch nicht.
Am Entenbühl trieb der Bach früher die Malzmühle, die im 13. Jahrhundert von den Herren von Bodenstein an die Stadt verkauft wurde.
Auch hier befand sich ein Bühl - d.h. ein früher befestiger Feudalhof - wo sehr wahrscheinlich ein wichtiger Gefolgsmann des Königs wohnte.
Die Mühle wurde noch bis 1914 betrieben und später abgerissen.
Vom Entenbühl floss der Bach dann über die Brückenstraße zum Brückenkloster, das 1227 von den Magdalenerinnen gegründet wurde. Hier überbrückte der Straßenbach der Breitsülze von der Wahlstraße kommend, wie auch schon in der Linsenstraße, den Wasserlauf der Schwemmnotte.
Am Entenbühl und im Brückenkloster verlief der Bach dann abgedeckt und trat erst in der Meißnersgasse, wo er die Meißnersmühle trieb, wieder hervor.
Auch in der nachfolgenden Allerheiligengasse wohnten einige Gerber, in der Nähe des Wasserlaufes.
Ein großer Teil der alten desolaten Häuser in der Meißners- und Allerheiligengasse wurde dann abgerissen. Dafür wurde hier der Wasserlauf am neuen Wachsmuthweg wieder in seiner historischen Form hergerichtet.
Der neu angelegte Fußweg soll an den aus Mühlhausen stammenden Minnesänger Wachsmut von Mühlhausen erinnern und zwischen Untersteinweg und Meißnersgasse ein Stück der Schwemmnotte erlebbar machen.
Am unteren Steinweg, der früher "Auf der Pfuhlbrücke" hieß, floss dann der dritte Straßenbach über die Schwemmnotte, die hier die Straße kreuzte.
Auf der Westseite der Straße befand sich früher die Pfuhlbrückenmühle, die 1689 abbrannte und durch die Hanfssackmühle auf der Ostseite des unteren Steinwegs ersetzt wurde. Aber auch diese letzte Mühle an der Schwemmnotte wurde schon im 19. Jahrhundert stillgelegt und später abgerissen.
An der Pfuhlbrücke befand seinerzeit auch die zweite Badestube an der Schwemmnotte, die aber schon im 17. Jahrhundert - wahrscheinlich nach dem Großen Stadtbrand - verschwand.
Am Hanfsack machte der Bach dann einen großen Bogen, erst nach Norden, dann nach Westen und wieder nach Norden, wo er unter der Stadtmauer zum Kreuzgraben floss und von hier in den Mühlgraben.
Wahrscheinlich hatten am späteren Hanfsack die hier liegenden ehemaligen Feudalhöfe - der Görmarer Hof, der Mihlaer Hof und der Worbiser Hof - den Verlauf des Baches bestimmt.
Früher als Trennlinie zwischen Unter- und Oberstadt und als wichtiger Wasserlauf für die Müller, Färber und Gerber, ist die Schwemmnotte heute "nur" noch ein Wasserlauf, der ab und zu an die Geschichte der Stadt erinnert.
Übrigens .., Geschichte ...,
da fragte neulich jemand, ob denn auch ein "richtiger" geschichtlicher Überbllick geplant sei ...
Aber ja ..., allerdings muß das Ganze in mehrere Beiträge unterteilt werden und so ganz wissenschaftlich sollen diese auch nicht gestaltet werden.
Smilie wird Sie mit Rosinante beim Gang bzw. Ritt durch die Geschichte der Stadt Mühlhausen begleiten .....
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