Freitag, 9. April 2010

35) Fischteiche und Fischerei in Mühlhausen

Die Fischerei,
heute mehr eine Angelegenheit für Hobbyangler, hatte früher für die Mühlhäuser eine wesentlich höhere Bedeutung, gehörte doch der Fisch mit zu wichtigsten Nahrungsmitteln.

Während die Flußfischerei ebenso wie die Jagd das Vorrecht des Grundherren war, wurde dann die Fischzucht in Fischteichen erst von den Klöstern und dann auch von der Stadt betrieben bzw. verpachtet.

Wahrscheinlich Ende des 13. Jahrhunderts soll das Kloster Zella unterhalb von Popperode zwei Fischteiche angelegt haben. In den folgenden Jahrhunderten wurden weitere Teiche von der Stadt eingerichtet. So der oberste Kämmereiteich um 1550 und der größere Unterteich bereits im 14. Jahrhundert.
Während die oberen Popperöder Teiche um 1820 trocken gelegt wurden, blieb der Unterteich als Schwanenteich bis heute erhalten.


Überwiegend für die Fischzucht wurden westlich und nördlich der Innenstadt sogenannte Mutter- und Hälterteiche angelegt.
Während Petri-, Pforten- und Burgteich überwiegend der Aufzucht dienten, wurden die Itschenteiche westlich der Stadtmauer für die Hälterung der Fische vor dem Verkauf benutzt.


In die Popperöder Teiche, hier auf einer Karte von 1741 - die allerdings nach heutigem Verständnis auf dem Kopf steht - wurden dann die Jungfische aus den Mutterteichen eingebracht.
Die Teiche mußten aber öfters entschlammt werden und oft beschwerten sich die Pächter über die unzumutbaren Verhältnisse. Für diese Arbeiten hatte der Rat zwei Teichknechte angestellt, die aber später auch von den Pächtern bezahlt werden mußten.
Gezüchtet und gefangen wurden überwiegend Karpfen, aber auch Hechte, Barsche und Schleien. So im Jahre 1765 "... insgesamt 1.311 vier- bis fünfpfündige Karpfen und 282 Hechte von denselbem Gewichte, ohne die vielen Schleien und Blechfische..."
An der Nordostecke des unteren Popperöder Teiches stand dann bis 1900 ein Fischhaus. Ein zweistöckiger Fachwerkbau, in dem die Fischereigeräte aufbewahrt wurden und das auch zum Verkauf des Fangs diente.
Die Insel mitten im Teich war 1858 bei einer erneuten Entschlammung angelegt worden und diente künftig den hier angesiedelten Schwänen als Brutstätte.
Als dann Ende des 19. Jahrhunderts an der Stelle der früheren Schneidemühle das Schwanenteich-Restaurant entstand, erhielt auch der bisherige Popperöder Teich seinen neuen Namen.
Mit dem angrenzenden Schwimmbad, dem Gondelbetrieb und den schönen Promenadenwegen am Ufer, wurde der Schwanenteich zum beliebten Ausflugsziel der Mühlhäuser, an dessen Ufer aber auch noch ab und zu ein Angler zu sehen war.



Der Verkauf der Fische wurde vom Rat der Freien Reichsstadt streng reguliert. So wurde den Pächtern untersagt, die gefangenen Fische nach außerhalb zu verkaufen.
Sechs Fischmeister und ein Marktmeister achteten auf die Durchsetzung der Bestimmungen.



Außerdem gab es natürlich noch Vorschriften wann und wieviel gefischt werden durfte, damit die Aufzucht gesichert blieb.
Für den Rat und die Fischmeister waren von den Pächtern entsprechende "Präsentfische" abzuliefern, so im Jahre 1652 insgesamt 456 Pfund Karpfen und 160 Pfund Hechte.
Als die Stadt dann 1802 an Preußen kam, viel die Ablieferung der Präsentfische überwiegend weg, dafür hatten die Pächter aber einen größeren Betrag an die Kämmereikasse zu zahlen. 1807 unter französischer Verwaltung wurde das "Fischdeputat" wieder eingeführt, um dann unter der erneuten preußischen Regierung wieder abgeschafft zu werden.
Der Rat hatte nicht nur den Fang und Verkauf der Fische aus dem Gebiet der Stadt unter Kontrolle, sondern auch den Verkauf von Fisch durch auswärtige Händler. Hier gab es konkrete Zollbestimmungen und Vorschriften für den Weiterverkauf.
So hieß es: "... wer grüne Fische allhier verkaufen will, der soll keine todten Fische unter den Lebendigen haben,,," Zum Essen "untüchtige" Fische sollten weggenommen und in die Unstrut geschüttet werden.



Auch über die Ausgaben für die Fischerei wurde genau Buch geführt. So hieß es 1675: "Bei der Fischerei wurden gebraucht 4 Personen im Teiche, 4 Personen außerhalb des Teiches und für die Speisung des Fischherrn und der Arbeiter. insgesamt = 60 Fl., 17 Gr. und 4 Pfg." Die Reinigung der Teiche hatte 30 Fl. gekostet und die Teichknechte hatten 9 Fl. und 3Gr. erhalten.
Beim Fischen wurde der Fangplatz mit einem Seil abgesperrt, das von Fremden nicht übertreten werden durfte. Wer es trotzdem tat, "... der soll darum .. ernstlich gestraft werden...".

Der Petriteich lag zwischen der Petrikirche und der Schaffentorstraße vor dem Wall des Hirschgrabens. Er diente, wie der Pfortenteich, als Mutterteich überwiegend zur Fischzucht.
"... Anno 1572 ist der Petersteich drei Stich tief ausgegraben worden ..." berichtete die Chronik und "... Anno 1591 ist der Teich bei S.Peters Kirche wieder gerichtet worden ..."
Der Petriteich erhielt sein Wasser vom Straßenbach der Breitsülze in der Holzstraße.


Der Pfortenteich, der durch einen Damm vom Petriteich getrennt war und bis zur Straße vor dem Pfortentor reichte, erhielt sein Wasser vom Petriteich.


Als 1802 die Preußen die Stadt besetzten, fischten zahlreiche Soldaten aus dem Pforten- und Burgteich "... die schönsten Laich- und Setzkarpfen ... heraus, was sie konnten ..."
Auch der Burgteich, der vor der Stadtmauer vom Pfortentor bis zum Burgtor reichte, erhielt sein Wasser über den Petriteich und Pfortenteich vom Straßenbach der Breitsülze.
In den Teich, dessen Wasser dann in den Mühlgraben abfloss, mündeten mehrere Abzüge aus der Oberstadt, so daß bei niedrigem Wasserstand "üble Dünste" aufstiegen.
1820 beschloss dann der Rat die Mutterteiche vor der Stadtmauer und die oberen Popperöder Teiche trocken zu legen, da die Unterhaltung zu Aufwendig sei.

Damit war auch die Zeit des Badekorbes vorbei, der hier am Burgteich von 1568 bis 1752 stand.
"Gebadet" wurden hier Täter, die kleinere Straftaten begangen hatten; eine Prozedur, die viele Schaulustige anzog.
Der Deliquent kam in einen Holzverschlag, der unten eine Falltür hatte. Dann wurde er über den Teich geschwenkt "... und wenn hernach die Herren Semner Befehl gaben ... da ging es plump, da lag er drin im Teiche ..." Je nach Höhe der Strafe wurde das "baden" meißt mehrmals wiederholt.

Die Itschenteiche vor der westlichen Stadtmauer, hatten ihren Namen von den Fröschen (Itschen) erhalten, die hier allabendlich ertönten. Als Hälterteiche für gefangene Fische vorgesehen, waren sie öfter versumpft und zugewachsen, so daß sie schon 1687 verfüllt wurden.
Hier entstand dann am Bastmarkt ein "Lustgarten" und Anfang des 19. Jahrhunderts ein Turnplatz des Gymnasiums.
Auch die übrigen Teiche vor der Stadtmauer wurden dann nach und nach zu Wiesen und Grünanlagen umgestaltet.
So entstanden Ende des 19. Jahrhunderts die Anlagen an der Burg und erst um 1936 die Anlagen am Petri- und Pfortenteich.
Die ehemaligen Kreuzteiche, die am Kreuzgraben vor der Stadtmauer lagen, müssen dagegen schon früh verschwunden sein, denn sie wurden zuletzt im 17. Jahrhundert erwähnt.

Die beiden Thomasteiche im Südwesten der Stadt zwischen dem Schwanenteich und dem Gut Weidensee, sind laut Altenburg 1611 gegraben worden und wurden, wie die anderen Fischteiche, meißt für die Dauer von 6 Jahren verpachtet.
1820 hieß es dann zum Thomasteich: "... kaum ein Drittel desselben hält noch freies Wasser, das übrige ist mit Schilf und anderen Sumpf- und Wasserpflanzen bedeckt ..."
Dieser Zustand hat sich bis heute erhalten, so daß hier jetzt neben Fischen auch zahlreiche Wasservögel zuhause sind, die hier wegen der Lage abseits der Straße, ziemlich ungestört leben.



Auch der Schwanenteich wurde immer mehr vom Fischteich zum Ententeich und - wie der Name schon sagt - zum Schwanenteich. Wie bei den anderen ehemaligen Teichen ist aber auch hier eine regelmäßige Pflege erforderlich und so steht in diesem Jahr mal wieder eine Generalüberholung an.
Es gibt also hier zur Zeit keine Fische mehr und auch die Enten und Schwäne sind umgezogen.



Quellen:
- Jordan, Chronik der Stadt Mühlhausen
- Bernhard Klett, Die Geschichte der Jagd und Fischerei im Gebiete der Kaiserlichen Freien Reichsstadt Mühlhausen, 1924



Übrigens -,
der DDR-Werbe-Slogan: "... jede Woche einmal Fisch ..." war ja garnicht so verkehrt und das wußten auch unsere Vorfahren schon (obwohl es noch keine DDR gab) und heute gibt es vor allem immer welchen, was ja früher und in der DDR-Zeit nicht immer gesichert war.






Also dann ..., Petri heil ... oder so. :-)















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