Sonntag, 28. Februar 2010

22) Der Landkreis von A bis Z

Stadtwappen um 1800
"Das Gebiete oder Territorium der Stadt Mühlhausen enthält 4 Quadratmeilen, ... nämlich von der voigteischen Grenze bis an den Sollstädter Turm, vom Eigenrieder Turm bis an die Thomasecke ..." schrieb 1824 Dr.Altenburg.

Eigentlich stimmten diese Angaben zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.
In seiner "Topographisch-historischen Beschreibung ...." hatte Altenburg überwiegend den Zustand aus der reichsstädtischen Zeit beschrieben, die ja wie bereits aufgezeigt wurde, im Jahre 1802 für Mühlhausen zu Ende ging. Dementsprechend sind auch seine Angaben zum Territorium und den Dörfern in die Zeit um 1800 anzusetzen.


Mühlhäuser Territorium bis 1802
Vom Anfang des Landkreises Mühlhausen - der ja seinen Ursprung im reichsstädtischen Gebiet hatte - bis in die Zeit der DDR soll diesmal ein wenig Geschichte und Statistik aufgezeigt werden.
Von Ammern bis Zella - also von A bis Z - reicht die Übersicht über die Gemeinden des Landkreises.
Aber beginnen wir erst einmal mit dem Ursprung;
dem Gebiet der ehemals Freien Reichsstadt:




Ansicht vom Stadtberg / 19.Jh.
1792 berichtete die Stadtchronik: "In diesem Jahre ist die Volksmenge im Mühlhäusischen Gerichte gezählet worden ..."
danach gab es in Mühlhausen
= 9.014 Einwohner "und 78 Juden".




Ammern - St.Vitus
"Summa der Volks-Menge auf dem Lande":
Ammern. . . . . 388 --------Höngeda . . . . 238
Bollstedt . . . . 708 --------Hollenbach . . 175
Dachrieden . . 217 --------Horsmar . . . . 376
Dörna . . . . . . .436 --------Kaisershagen 266
Eigenrieden. . 293 --------Lengefeld . . . 530
Eigenrode . . . 277 --------Reiser . . . . . . 204
Emilienhausen 10 --------Saalfeld. . . . . 220
Felchta . . . . . 215 ---------Sambach . . . .16
Görmar . . . . . 231 --------Sollstedt . . . . 112
Grabe . . . . . . 559 --------Windeberg . . 319





Görmar - St.Martin
Ammern und auch Görmar waren bereits im 9.Jahrhundert urkundlich erwähnt worden. Die frühere Nikolaikirche und die noch vorhandene Martinikirche in Görmar waren als Königskirchen wahrscheinlich auch für die Planung der Altstadt und der Neustadt von Mühlhausen von Bedeutung. Entsprechende Einordnungen konnten von Peter Bühner und mir nachgewiesen werden.
Besonders die Dörfer in den Flußniederungen konnten einen gewissen Wohlstand aufweisen. Hier hatte jedes Dorf eine oder mehrere Mühlen.






Eigenrieden
Die Höhendörfer dagegen hatten oft unter den Witterungs-bedingungen zu leiden. So führten hier, wie im Eichsfeld, Dürreperioden mehrfach zu Hungersnöten und Verarmung.
Eigenrieden lag am alten Hessenweg, der von Mühlhausen nach Eschwege und weiter führte. Eine Lage, die nicht immer von Vorteil war, denn außer den Handelsleuten, kamen oft auch die verschiedenen Heerzüge hier durch, die dem Dorf manche Unbill brachten.






Reiser
Nördlich von Reiser lagen am heutigen Ziegenberg Burg und Dorf Tuttensoda, die Kaiser Otto II. im Jahre 974 seiner Gemahlin Theophanu übereignete.
Die Burg wurde wahrscheinlich schon früh zerstört, das Dorf aber noch um 1500 erwähnt.
Heute erinnert nur noch der Name der Wüstung an die wohl damals bedeutende Ansiedlung an der alten Straße in den Norden.


Windeberg
Windeberg lag an der früher nicht unbedeutenden Straße in den Harz. Die Herren von Windeberg gehörten zu den Geschlechtern, die im Mittelalter das Sagen in der Königsstadt hatten. Windeberg gehörte zu den wenigen Dörfern im Territorium, wo eine Windmühle stand, denn das Dorf hatte zwar Berge und Wind, aber nicht genügend Wasser für eine Wassermühle. Mit seinen 319 Einwohnern lag Windeberg im Durchschnitt der Dörfer des mühlhäuser Gebietes. Das kleinste Dorf war Sollstedt mit 112 Einwohner, während Bollstedt mit 708 Einwohnern die größte Gemeinde war.
Die Bewohner vom Gut Sambach und vom Hospital Emilienhausen hätte man eigentlich 1792 mit zur Einwohnerzahl der Stadt rechnen müssen.



Landkreis Mühlhausen ab 1816
Nach dem Übergang an Preußen im Jahre 1802 und dem relativ kurzen Zwischenspiel im Königreich Westphalen, wurde 1816 der preußische Landkreis Mühlhausen gebildet, mit dem eine Vergrößerung des bisherigen Territoriums verbunden war.
In der Folgezeit traten nur wenige territorialeVeränderungen ein, bis 1950 eine weitere enorme Vergrößerung des Landkreises erfolgte, die aber 1952 teilweise wieder zurück genommen wurde.
In dieser 1952 festgelegten Größe bestand dann der Landkreis Mühlhausen bis zum Jahre 1994, wo der neue Unstrut-Hainich-Kreis mit der Kreisstadt Mühlhausen gebildet wurde.

Vogtei - Mahllinden
1816 kam das Gebiet der früheren Vogtei Dorla zum bisherigen Territorium der ehemals Freien Reichsstadt hinzu.
Die drei Dörfer Oberdorla, Niederdorla und Langula wurden seit dem Mittelalter abwechselnd von Vögten der Landgrafen von Sachsen, Hessen und von Kurmainz verwaltet.
Von 1360 bis 1573 hatte Mühlhausen dieses Recht von Mainz erworben.
Die frühere Ganerbschaft Treffurt kam 1816 ebenfalls zum neuen Landkreis Mühlhausen hinzu. In Treffurt war sogar für einige Jahre der Sitz des neuen Landrates.

Kloster Zelle um 1800
Auch aus dem jetzt preußischen Eichsfeld wurden einige Gebiete
dem Landkreis Mühlhausen zugeschlagen.
So das Gebiet der Klöster Anrode und Zella, sowie die bisherigen Ämter Gleichenstein und Bischofsstein.




Zella
Zella, das an der Unstrut noch vor dem mühlhäuser Landgraben lag, gehörte zum früheren Amt Gleichenstein.
Als 1952 ein Teil dieser Eichsfelddörfer an den Kreis Heiligenstadt zurück ging, blieb Zella, Beberstedt, Struth und Bickenriede beim Kreis Mühlhausen.





Heyerode Bahnhof ab 1911
Auch das Eichsfelddorf Heyerode kam 1816 mit dem Amt Bischofsstein zum mühlhäuser Landkreis.
1911 entstand der Bahnhof Heyerode an der Mühlhausen-Treffurter-Eisenbahn.
In den Eichsfelddörfern des Hainichs gab es zahlreiche kleine Handwerksbetriebe, aus denen sich in der DDR-Zeit auch einige Großbetriebe - wie der VEB Strumpffabrik ESDA in Diedorf - entwickelten.



Lengenfeld u.Stein - Viadukt
In Lengenfeld unter Stein war das Schloß der frühere Amtssitz des Amtes Bischofsstein.
1880 wurde der Ort an die "Kanonenbahn" angeschlossen,die eine schnelle Verbindung von Berlin in den Elsass schaffen sollte.
1945 wurde die Strecke zwischen Leinefeld und Eschwege unterbrochen und heute erinnert nur noch der Viadukt in Lengenfeld an die frühere Bahnstrecke.


Seebach - Schloß
1950 kamen Seebach, Großengottern, Altengottern und weitere Gemeinden des Kreises Langensalza zum Landkreis Mühlhausen.
Seebach, der Stammsitz der Herren von Berlepsch, ist heute noch durch seine Vogelschutzwarte - damals die erste in Deutschland - bekannt.
Samals war außerdem fast der ganze Kreis Langensalza zu Mühlhausen gekommen, eine Maßnahme, die 1952 wieder rückgängig gemacht wurde.
Bestehen blieb nur die 1950 festgelegte Abgabe des Bereiches um Treffurt an den Kreis Eisenach.




Schlotheim - Schloß
Ebenfalls 1950 kamen Schlotheim, Körner und weitere Dörfer aus dem Kreis Sondershausen zum Kreis Mühlhausen.
Bis 1919 hatten die Gemeinden zu den Fürstentümern Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt, sowie zum Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha gehört.
Im schlotheimer Schloss hatten früher die Herren von Hopfgarten residiert.




Menteroda - Kalischacht
Menteroda hatte früher zum Amt Volkenroda des Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha gehört, kam dann zum Kreis Sondershausen und 1950 zum Kreis Mühlhausen.
Hier war 1907 der Kalischacht Volkenroda abgeteuft worden, nachdem der Ort bereits 1901 an die Eisenbahn Ebeleben-Keula angeschlossen wurde.
In der DDR-Zeit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, wurden die Kalischächte in Nordthüringen nach der Wende stillgelegt.


Hüpstedt - Bahnhof ab 1913
In Hüpstedt, das 1950 vom Eichsfeld zum Kreis Mühlhausen kam, brauchte man die früheren Kalischächte nicht mehr still zu legen. 1910 eröffnet, wurden sie bereits 1924 wieder geschlossen. Auch die Obereichsfelder Kleinbahn (OEK) zwischen Silberhausen und Hüpstedt, die 1913 eröffnet wurde, war 1947 wieder abgebaut worden.




Mühlhausen um 1950
Bis 1994 änderte sich das Territorium des Kreises Mühlhausen praktisch nicht.
Wesentliche Veränderungen gab es aber dann nach der Wende auf dem Gebiet der Wirtschaft und auch heute kann man von solchen Zahlen, wie in der folgenden Aufstellung von 1961 nur träumen.

Aus dem statistischen Taschenbuch der Kreisstelle Mühlhausen für das Jahr 1961, stammen folgende Angaben für den Kreis Mühlhausen :
564,79 - Gesamtfläche in qkm
98.289 - Wohnbevökerung
44.830 - davon Mühlhausen

45.o15 - Beschäftigte im Kreis insgesamt, davon weiblich = 48,6 %
24.441 - davon in ve Betrieben (VEB)
11.241 - Genossenschaftlich (LPG, PGH, Konsum u.a.)
4.348 - Halbstaatlich
4,925 - Privat

Mühlhausen - Blick vom Stadtberg

1989 hatten die Mühlhäuser allerdings ganz andere Träume; Freiheit, mehr Demokratie, ein einiges Deutschland usw., usw.
Die meißten Träume wurden Wirklichkeit, aber die neue Wirklichkeit brachte auch wieder viele neue Probleme.
Trotzdem, zurück in die alten Zeiten will wohl keiner -, aber der Blick zurück ist schon manchmal interessant.
Heute gehört Mühlhausen als Kreisstadt zum Unstrut-Hainich-Kreis -, der Kreis mitten in Deutschland.... und das ist ja auch schon etwas.


Übrigens -,
gehörten im Mittelalter noch viel mehr Ansiedlungen zum mühlhäuser Gebiet, aber ein großer Teil ging damals ein bzw. wurde aufgegeben.
Von diesen Wüstungen soll der nächste Beitrag berichten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen