... also Smiley meint, daß Mühlhausen eigentlich gar keine Theatergeschichte hat..., denn die Stadt hatte ja nie ein richtiges Theater gehabt ...,
aber wir wollen es mal nicht gar so eng sehen und schauen, ob die Mühlhäuser doch etwas mit dem Theater zu tun hatten.
Da gab es schon 1601 die ersten dramatischen Aufführungen des städtischen Gymnasiums in der Divi Blasii-Kirche, eigentlich mehr Sing- oder Schauspiele mit religiösem Inhalt.
Und dann gab es noch die verschiedensten Theaterstücke, die von Wanderschauspielern zu Jahrmärkten und Volksfesten dargeboten wurden.
1721 verbot dann der Rat die Aufführungen der "Possenreißer", weil sie die Sitte und Moral gefährdeten.
Um 1800 diente die obere Etage des Fleischhauses am Obermarkt als "Theatersaal", wo dann ebenfalls von Wanderbühnen "großes Theater" dargeboten wurde.
1801 besuchte Johann Wolfgang von Goethe, der hier auf der Reise nach Norden Station machte, mit seinem Sohn August ein solches Theaterstück im Fleischhaus und war von dem "Schmierentheater" zutiefst enttäuscht.
Aber nicht nur im Fleischhaus, auch in der Neuen Laube am Untermarkt und in den größeren Gaststätten - im "Adler" und im "Schwan" - fanden Theateraufführungen von Wanderbühnen statt.
1806 gründeten die mühlhäuser "Freunde des Schauspiels" einen Theaterverein. Die Aufführungen fanden damals überwiegend im Bürenhof am Untermarkt statt, wo bis zu 120 Plätze zur Verfügung standen.
1839 hatte der neue Theaterverein "Concordia" dann bereits 110 Mitglieder, so daß mit den übrigen Besuchern der Bürenhof nicht mehr ausreichte.
Der gebildete Bürger wollte jetzt die Dramen von Goethe und Schiller nicht nur lesen, sondern auch sehen.
1840 eröffneten die Gebrüder Muthreich an der Burg den "Berliner Hof" , der mit seinem Festsaal bald zum "Schauspielhaus" der Mühlhäuser wurde.
Hier fanden im ".. größten und vornehmsten Konzert- , Theater- und Ball-Etablissement ..." der Stadt, Theateraufführungen der verschiedensten Art statt. Wobei das Niveau wohl nicht unbedingt an die Hoftheater der damaligen Zeit heranreichte.
1885 wurde z.B. das Lustspiel in 5 Akten "Roderich Heller" von Fr.von Schönthan aufgeführt und 1894 wurde das Drama Maria Stuart gegeben und als Ausgleich, die musikalische Posse "Die wilde Katze" vorgesehen.
Eine Besucherin, die in den Hoftheatern der Residenzstädte mehr Niveau gewöhnt war, schreibt dann, daß "..der einzige Ofen im Saal in seiner Nähe eine große Hitze ausstrahlte, während der übrige Saal eiskalt blieb und die Leute die Mäntel anbehielten.
Vor dem Stück und während den Pausen spielte das Stadtmusikkorps und die Besucher packten ihre Fett- und Käsebemmen aus ..!! .."
Der städtische Bildungsverein versuchte dann auch mehr Niveau bei der Auswahl durch-zusetzen und so wurden auch Stücke von Hauptmann, Ibsen und Sudermann und sogar Opern aufgeführt.
Als dann auch im Schauspielhaus die elektrische Beleuchtung installiert wurde, erstrahlten hier laut Anzeige ".. die Räume im Glanze von hunderten elektrischen Glühlampen .."
So konnte auch der Mundartdichter Georg Wolff zum fünfzigjährigen Jubiläum des Gewerbevereins feststelllen:
".. Willkommen heiß ich Jung und Alt,
de Börger hie us unse Schaadt,
die ihr uch im geputztem Saale,
im Schauschpielhuus versammelt haht .."
1926 wurde das Schauspielhaus wegen baulicher Mängel schon einmal geschlossen, diente 1927 dann sogar noch als Kino mit 940 Plätzen und wurde im selben Jahr endgültig geschlossen.
Jetzt fanden die Theateraufführungen am Schützenberg statt und die Stadtchronik berichtete 1927, daß die sieben Aufführungen des Mitteldeutschen Landestheaters - eine Anekdote, vier Lustspiele, ein Schauspiel und eine Tragödie - eine gute Kritik erfuhren.
1928 wird dann noch über die positive Entwicklung des städtischen Orchesters berichtet, das mit seinen Konzerten auch am Schützenbarg auftrat.
1920 war im Kaiserhof der mühlhäuser Bühnenverein gegründet worden, der zur Hebung des Theaterniveaus in der Stadt beitragen wollte.
In den zwanzigerJahren waren es besonders die Operetten, die neben den Schauspielen und Lustspielen zur Aufführung kamen, aber auch sozialkritische Stücke, z.B. von Gerhart Hauptmann, wurden aufgeführt.
Aber das Interesse scheint dann Anfang der dreißiger Jahre nachgelassen zu haben, denn die Gothaer Gastspiele gaben 1932 hier ihre letzte Vorstellung.
Erst 1938 wurde dann über einen KdF-Theaterring ein regelmäßiger Besuch des Gothaer Theaters organisiert und erst 1942 wurde hier wieder das erste Theaterstück und zwar der "Vogelhändler" aufgeführt.
Eine besondere Rolle spielten damals Sternaus Künstlerspiele in der Johannisstraße 9 am Blobach.
Eigentlich bei den Mühlhäusern etwas verrufen, denn hier fanden Varieté-Veranstaltungen statt, wo mit den artistischen, tänzerischen, kaberettistischen und gesanglichen Darbietungen auch mal das Frivole zum Ausdruck kam.
Natürlich waren hier dann besonders die Soldaten der mühlhäuser Garnison zu finden, wenn sie Ausgang hatten
Nach 1945 war es wieder der Schützenberg, in dem später als "Volksgarten" die Aufführungen der Stadttheater aus Eisenach und Nordhausen stattfanden.
Viele Mühlhäusergehörten jetzt dem Theaterring an und besuchten eifrig die hier gebotenen Schauspiele, Dramen, Opern und Operetten.
Trotzdem ging Ende der fünfziger Jahr die Besucherzahl von 30.000 im Jahre 1959 auf 16.000 im Jahre 1961 zurück.
Ein Grund war anscheinend auch das neu gebaute Theater in Heiligenstadt, zu dem der Theaterring jetzt regelmäßige Busfahrten organisierte.
Aber auch die Konzerte des Stadtorchsters fanden Anfangs reichen Zuspruch. So auch bei den Mühlhäuser Musiktagen im Jahre 1949 und auch später fanden oft noch öffentliche Konzerte statt, die gut besucht wurden.
Schon in den vergangenen Jahren war der Schwanenteich-Saal für die Theateraufführungen verstärkt genutzt worden.
Eine Renaissance erlebte dann die "Kulturstätte Schwanenteich" nach der umfassenden Rekonstruktion im Jahre 1967, die mit einem Festkonzert des staatlichen Lohorchesters Sondershausen eröffnet wurde.
Mit "Nabucco" erfolgte dann die erste Theateraufführung im neu gestalteten Haus.
Nach den Vorstellungen stellte die mühlhäuser Straßenbahn zusätzliche Einsatzfahrzeuge mit Anhänger bereit, aber ab 1968 fuhr dann keine Bahn mehr zur Oberstadt und auch die Unterstadt-Linie wurde 1969 stillgelegt.
Bereits 1953 war am Rieseninger Berg - der jetzt Thomas-Müntzer-Park hieß - eine großzügige Freilichtbühne entstanden.
Hier fanden neben Opern, Operetten und Schauspielen, auch vielfältige Fest- und Großveranstaltungen statt und bei schönem Wetter waren auch die Filmvorstellungen hier gut besucht.Der Park war zum Teil neu gestaltet worden und die Gaststätte "Parkhaus" wurde jetzt von der HO Mühlhausen betrieben. Eigentlich waren das Einrichtungen, die von den Mühlhäusern gern besucht wurden. Auch die drei großen Festwiesen waren an den Wochenenden oft das Ziel für einen Sonntagsauflug, wo man mit mitgebrachten Kaffee und Kuchen gemütlich ausspannen konnte.
1974 fanden dann im Thomas-Müntzer-Park die fünfzehnten Arbeiterfestspiele der DDR des Bezirkes Erfurt statt. Das Parkhaus war modernisiert und erweitert worden, ebenso die Freilichtbühne, auf der Volkskunstgruppen aus dem In- und Ausland auftraten und wo das Schauspiel "Thomas Müntzer" von Friedrich Wolf aufgeführt wurde.
Allmählich wurde es immer ruhiger in der mühlhäuser Theaterwelt.
Jetzt fuhren die Mühlhäuser überwiegend nach Heiligenstadt oder Nordhausen in´s Theater, wo ja doch bessere Voraussetzungen für Schauspieler und Besucher bestanden.
Als dann 1991 das Amateurtheater "3K" gegründet wurde, sah man das Ganze noch als eine vorübergehende Sache an, aber inzwischen hat sich das Theater mit seiner neuen Spielstätte in der Kilianikirche ganz schön gemausert und ist zu einer weithin anerkannten Einrichtung geworden.
Im vergangenen Jahr dann noch einmal ein Großereignis ..., die polnische Staatsoper Stettin brachte auf dem Untermarkt die Oper "Nabucco" in italienischer Originalfassung zur Aufführung.
Die ausverkaufte Vorstellung war mal was ganz besonderes, auch wenn durch die ebenen Sitzreihen auf dem Platz nicht immer die beste Sicht gegeben war.., besonders wenn vor einem ein besonderers großer Opernfan saß ..
Und dann gab es natürlich noch das Kino...
.. das am Anfang als Kinematographen-Theater die Sensation war..
1899 gab es die erste ".. Spezialvorführung lebender Photographien .." in "Weymars Felsenkeller" in derSpielbergstraße und obwohl der Eintrittspreis zwischen 30 Pfennig bis 1 Mark betrug, waren die Vorstellungen gut besucht.
1907 wurde dann am Steinweg 81 das erste Kinematographen-Theater eröffnet und bald folgten weitere Filmvorführungen in verschiedenen Saalgaststätten und ab 1909 auch schon in der "Weißen Wand".
1910 erhielt die Ortspolizei die Weisung, die Kino-Vorstellungen zu inspizieren, weil in der Dunkelheit ".. wenn die beiden Geschlechter eng beieinander sitzen, anstößige Sachen vorgekommen sind ..."
1917 fanden dann auch im Lichtspielpalast an der Stätte Kino-Vorstellungen statt, der Eintrittspreis betrug 6o nis 100 Pfennig.
1927 wurde dann der neue Central-Palast mit 800 Plätzen an der Stätte eröffnet.
Die mühlhäuser Lichtspielbetreiber hatten sich als "Vereinigte Mühlhäuser Lichtspiele GmbH" zusammengeschlossen.
Neben dem Central fanden auch im Schauspielhaus noch Filmvorführungen statt. Hier standen über 900 Plätze zur Verfügung. Zuerst gab es nur Kurzfilme über Geschehnisse in aller Welt und erst nach und nach gab es dann auch Filme mit einer eigenen Handlung.
Der Klassiker "Metropolis" - eigentlich der erste Science-Fiction-Film - wurde ebenso wie viele nachfolgende Stummfilme noch mit Klaviermusik begleitet.
Als 1930 mit dem "Blauen Engel" der Tonfilm auch in Deutschland populär wurde, kamen auch in Mühlhausen die ersten Tonfilme zur Aufführung - und zwar zuerst in den Thuringia-Lichtspielen - die 1928 am Steinweg 5/6 mit 980 Plätzen eröffnet wurden.
Mit Marlene Dietrich begann dann auch die Zeit der großen Filmstars, die als Publikummagnet die Besucher anlockten und bald das Theater in den Hintergrund drängten.
Die "Weiße Wand" bei der Marienkirche war bereits 1909 eröffnet worden und war dann in den dreißiger Jahren das kleinste - und das billigste - Kino in Mühlhausen, wurde aber vielleicht gerade deshalb besonders auch von den Kindern gern besucht.
Hier in der "Flohkiste" mit ihren 249 Plätzen wurden meist ältere Filme gezeigt und in den Kindervorstellungen gab es "Tom Mix" und andere Räuberpistolen zu sehen.
Aber dann kam die Zeit wo in allen drei Lichtspiel-Theatern erst die Deutsche Wochenschau gezeigt wurde, in der die Erfolge der Wehrmacht im 2.Weltkrieg zu sehen waren.
Neben "Quax dem Bruchpilot" mit Heinz Rühmann, gab es dann die Filme "Stukas" und "Wunschkonzert" mit Carl Raddatz und "Die große Liebe" mit Zarah Leander. NS-Propagandefilme, die den Krieg für das Volk schmackhaft machen sollten.
Der DEFA-Augenzeuge brachte dann die ersten aktuellen Bilder vom Zeitgeschehen in deutscher Sprache.
1946 dann der erste DEFA-Film "Die Mörder sind unter uns" mit Hildegard Kneef. Aber auch westdeutsche und russische Filme gab es dann und die Vorstellungen waren sehr oft ausverkauft. Lange Schlangen an der Kasse waren keine Seltenheit.
Die DEFA bot in den folgenden Jahren ein breites Spektrum an Filmen, vom obligatorischen "klassenbewußten Film", bis zum Lustspielfilm und bis zu den oft sehr guten Märchenfilmen, reichte die Palette.
Die DEFA bot in den folgenden Jahren ein breites Spektrum an Filmen, vom obligatorischen "klassenbewußten Film", bis zum Lustspielfilm und bis zu den oft sehr guten Märchenfilmen, reichte die Palette.
Wenn dann solche "West-Filme" wie "Wenn der weiße Flieder wieder blüht" gespielt wurden, war der Andrang natürlich besonders groß.
Aber Filme, wie "Die Legende von Paul und Paula" bekamen bald auch bei uns Kultstatus.
1962 war die "Weiße Wand" geschlossen worden, aber die beiden anderen Lichtspielhäuser brauchten sich über Zuschauermangel nicht beklagen.
Erst wurde das Central-Kino von der Unternehmensgruppe Kieft übernommen, geschlossen und umgebaut. Nach der Eröffnung im Jahre 1993 - jetzt mit 690 Plätzen in vier Vorführräumen - wurde dann 1995 das Thuringia-Kino zu einem Textilkaufhaus umgebaut.
Wenn auch im Central 12 - 16 Vorstellungen vorgesehen waren, die große Zeit des Kinos ging auch in Mühlhausen langsam zu Ende.
Das Fernsehen hatte seinen Siegeszug weitgehend gewonnen.
.. Das Kaspertheater...
Aber gibt es die eigentlich noch ..??
Früher waren sie ja auf dem Rummel imer wieder anzutreffen und in den fünfziger und sechziger Jahren konnte man die zusammenklappbaren Kaspertheater und die dazu gehörenden Handpuppen noch bei Spielwaren-Hartung oder bei Fleck in der Linsenstraße kaufen ..
Aber heute haben wohl Barbie und Co auch dieses schöne Spielzeug verdrängt ... und so bleibt uns hier in unserer schönen Stadt nur das alltägliche Theater ... das ja auch ganz schön aufregend ist ... ;-))
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