Donnerstag, 11. März 2010

26) Die Unstrut


Die Unstrut,
der größte Fluss in Nordthüringen, wurde 570 erstmals als Onestrudis erwähnt.
Wenn wir dem Flusslauf folgen, stoßen wir auch hier immer wieder auf geschichtliche Daten und auf Orte, die Land und Leute prägten.








Der Fluss entspringt bei Kefferhausen im Eichsfeld aus mehreren kleinen Quellen.
Schon in Dingelstädt und in den folgenden Dörfern des früheren Amtes Gleichenstein - Silberhausen, Helmsdorf und Zella - trieb er mehrere Wassermühlen.
Das Eichsfeld gehörte jahrhunderte lang zum Bistum Mainz, wobei zahlreiche Adelsgeschlechter ebenso zahlreiche Besitzungen im Eichsfeld hatten.
 



Die karge Landwirtschaft zwang die Bewohner oft außerhalb des Gebietes Arbeit zu suchen. So schrieb auch Goethe: ".. so bald wir ins Eichsfeldische kamen, fanden sich auch gleich Bettelkinder ein ..." und die Mühlhäuser Chronik berichtete 1772, daß die Eichsfelder ".. auf freier Straße Hungers starben .."

 

1802 kam das Eichsfeld zu Preußen und Zella 1816 zum Landkreis Mühlhausen.
Die Unstrut trat am Mühlhäuser Landgraben in das Gebiet der ehemals Freien Reichsstadt ein. Hier lag das Unstruttal tief eingebettet zwischen langgestreckten Höhenzügen. Nur einige Steingräben führten zeitweise Wasser aus dem Umland zum Flusslauf.
 

In Horsmar kreuzte früher der Marktweg von Mühlhausen nach Worbis die Unstrut. Die Stadt hatte das Dorf im 14. Jahrhundert von den Grafen von Gleichen erworben, die im Eichsfeld erheblichen Besitz hatten.

An der Blauen Haube in der Nähe von Beyrode war 1556 im Eigenröder Steingraben der Hackelborn entsprungen, dem man Heilkräfte zuschrieb. Aber die Quelle versiegte dann bald wieder.





In Dachrieden - das die Stadt als "Lösegeld" von den Herren von Hagen erhielt - führte die Straße von Mühlhausen zur Eigenröder Warte über die 1717 erbaute steinerne Brücke und oberhalb des Ortes lag der Bahnhof an der 1870 eröffneten Strecke Gotha-Mühlhausen-Leinefelde.
Unten im Dorf gab es früher zwei Wassermühlen und von hier führte der Fluss dann im weiten Bogen durch das Reisersche Tal, wo er von zwei Eisenbahnbrücken überquert wurde.

Auf dem reiserschen Weinberg am Osthang des Tales befanden sich früher Burg und Dorf Tuttensoda, die 974 von Kaiser Otto II. seiner Gemahlin Theophanu übereignet wurden. Heute ist von der Wüstung nichts mehr zu erkennen, aber Bonifatiuspfennige - die allerdings einige Millionen Jahre alt sind - konnte man hier am Hang noch vor einigen Jahren finden.







Der reisersche Eisenbahn-Viadukt von 1907 hatte als Vorgängerbau erst eine Stahlträgerbrücke aus dem Jahre 1870.
Heute führt hier der Unstrutradweg von Reiser nach Dachrieden durch das reizvolle Tal, das schon immer ein beliebtes Wanderziel war.













Reiser war im Mittelalter schon einmal als Wüstung bezeichnet worden, entstand dann aber wieder neu. Altenburg zeigte 1824 zwei Mühlen. 48 Häuser und 227 Einwohner auf.
Hinter dem Reiserschen Hagen weitet sich das Unstruttal und hinter dem Ort mündet der Wasserlauf aus dem Flachstal in die Unstrut, der allerdings nicht immer Wasser führt.









Die Unstrut war schon früher ein beliebtes Fischwasser. Der Rat der Freien Reichsstadt, der ja wie ein souveräner Landesherr über sein Territorium verfügte, verpachtete die Fischwasser und die Pächter mußten neben der Pacht auch noch eine bestimmte Anzahl Fische abliefern.
Durch die intensive Landwirtschaft ging der Fischbestand in der DDR-Zeit stark zurück, konnte aber in den letzten Jahren wieder verbessert werden.





 
Ammern gehört zu den alten Dörfern im mühlhäuser Gebiet und wurde bereits 897 urkundlich erwähnt. Die Herren von Ammern waren im Mittelalter einflussreiche Reichsministeriale. 1330 ging das wohlhabende Dorf an die Freie Reichsstadt. In Ammern gab es drei Mühlen-, eine Mahl- und eine Ölmühle und ein Kupferhammer.
Die alte Steinbrücke im Dorf trennte früher das ältere Unterdorf vom Oberdorf. und hier führte dann die alte Straße nach Dachrieden.
Heute führt die B 247 über die ammersche Unstrutbrücke zur Langen Mark-Chaussee und ins Eichsfeld.

Auf dem Westufer der Unstrut lag früher hinter Ammern am Danielsggraben der Klosterhof St.Daniel des Klosters Reifenstein.








Hinter Ammern nahm dann die Unstrut mehrere Wasserläufe auf.
Die Luhne, die beim Kloster Anrode im Eichsfeld entspringt und über Bickenriede und Lengefeld nach hier floss. Auch der Röttelseegraben, der Danielsgraben, der Ölgraben und das Flachswasser haben ihren Ursprung am Osthang des Hainichs und mündeten zwischen Ammern und Mühlhausen in die Unstrut.







 

Die Papiermühle zwischen Ammern und Mühlhausen blickt auch auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Erst als Harnischpoliermühle betrieben, war sie dann als Pulvermühle in die Luft geflogen, wurde dann als Papiermühle und später als Spinnmühle genutzt.
Auch die beiden Steinbrückenmühlen an der Unstrut nördlich der Stadt wurden mal als Mahl- und Ölmühle, als Lohmühle, Sägemühle und als Feilenhauerei genutzt.













In der Nähe des oberen Unstrutwehrs lag Ende des 19.Jahrhunderts eine Badeanstalt.
Oberhalb des Wehres war eine Untiefe - das "tiefe Wasser" - an der im 16.Jahrhundert mehrere Wiedertäufer - darunter auch Frauen - "wegen ihres unglaubens" ertränkt wurden.
Auch mehrere Selbstmörder nahmen sich hier das Leben und wurden ".. an Ort und Stelle verscharrt..", denn Selbstmörder bekamen kein christliches Begräbnis.









Die Ammerbrücke muß schon Ende des 13. Jahrhunderts entstanden sein, den bereits 1305 wurde die Steinbrückenmühle urkundlich erwähnt. Allerdings hat das Unstruthochwasser die Brücke mehrmals zerstört, die dann immer wieder neu aufgebaut wurde.


Anfang des 20.Jahrhunderts durch eine Stahlbogenbrücke ersetzt, befindet sich heute hier seit den sechziger Jahren eine moderne Stahlbetonbrücke.





Zwischen der Ammerbrücke und der Wagenstedterbrücke lag früher an der Unstrut die Ziegelmühle , die nur in den alten Urkunden über die Fischwasser erwähnt wurde.
In der Nähe dieser Mühle zweigte dann auch der Mühlhäuser Mühlgraben ab, an dem im Mittelalter 4 Wassermühlen lagen.
So friedlich wie auf diesem Bild war aber die Unstrut nicht immer.








 
 

In seiner"Heimathskunde von Thüringen" schreibt Kronfeld 1860 :
".. überall hält man sie für ein falsches gefährliches Wasser .." Auch die mühlhäuser Chronik berichtete immer wieder von Hochwasser durch Unwetter oder durch die Schneeschmelze, wo die Unstrut ihre zerstörende Kraft zeigte.






Früher war das Unstrutufer im Stadtgebiet teilweise mit Weidengeflecht versehen, das aber bei Hochwasser oft wieder zerstört wurde.
Vor einigen Jahren wurde dann das Ufer, das an einigen Stellen stark beschädigt war, mit großen Granitsteinen befestigt.
Auch die verschiedenen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen, wie das Rückhaltebecken an der Luhne bei Lengefeld und der Stausee bei Niederdorla, trugen zur Verhinderung von Überschwemmungen und anderen Schäden bei.
1914 war an der damaligen Mackensenstraße eine neue Brücke zum Wendewehr entstanden, die zur damals neuen Wendewehrkaserne führte.
In den neunziger Jahren wurde die Brücke dann komplett erneuert.







Die Wagenstedter Brücke war im Mittelalter an der Stelle der alten Unstrutfurt gebaut worden. Dahinter stand das Wagenstedter- oder Schindertor als Zugang zur Georgi-Vorstadt. Auch hier richtete die Unstrut immer wieder große Schäden an. So ertranken 1613 in der Schäferei von St.Georgi durch das Hochwasser 400 Schafe.
1945 war die Wagenstedterbrücke vor dem Einmarsch der Amerikaner gesprengt worden. Die provisorische Holzbrücke wurde erst Jahre später durch eine Stahlbetonbrücke ersetzt.






Görmar war in fränkischer Zeit der Hauptort der Germaramark und dann Vorort des Kirchenbannes Görmar.
Wahrscheinlich löste aber später die ottonische Königspfalz Mühlhausen diese Vorrangstellung ab.
1292 gehörte dann das Dorf mit seinen drei Mühlen zum Hegemal der Stadt Mühlhausen.
1525 lagerte im Bauernkrieg zwischen Görmar und Mühlhausen der "Schwarze Haufen", der von hier in das Eichsfeld zog und ein paar wochen später war hier das Lager der siegreichen Fürsten, in dem Thomas Müntzer, Heinrich Pfeiffer und zahlreiche andere "Aufrührer" hingerichtet wurden.



Zwischen Görmar und Bollstedt wurde die Unstrut von der Mühlhausen-Ebelebener-Eisenbahn (MEE) überquert, die 1897 fertiggestellt wurde. Mit dieser Bahn wurde eine Verbindung zur 1869 eröffneten Strecke Erfurt - Sondershausen bei Hohenebra hergestellt. Wie zahlreiche Nebenbahnen, wurde auch diese Strecke einhundert Jahre nach ihrer Eröffnung stillgelegt.
Noch vor der Eisenbahnbrücke mündete die Notter, die aus der mühlhäuser Hardt über Schlotheim und Körner kommt, in die Unstrut.



Im wohlhabenden Dorf Bollstedt hatte das Kloster Volkenroda neben der Mühle erheblichen Landbesitz. Das Dorf kam aber dann um 1300 zum Gebiet der Freien Reichsstadt.
Wie die Bollstedter Gasse in Mühlhausen vermuten lässt, hatten die Herren von Bollstedt als Reichsministeriale im Mittelalter auch einen Feudalhof in der Stadt.
Mit den von Altenburg aufgezeigten 827 Einwohnern und 180 Häusern, gehörte Bollstedt doch schon zu den großen Dörfern des mühlhäuser Gebietes.




Hinter Bollstedt, bei der Wüstung von Burgrieth, verließ die Unstrut das frühere mühlhäuser Gebiet.
Hier in der Nähe soll auch die sogenannte Kaiserfurt gelegen haben. Eine wichtige alte Unstrutfurt, die auch Kaiser Heinrich IV. mit seinem Heer nach der Schlacht bei Homburg benutzt haben soll.
Zwischen Höngeda und Seebach mündeten der Felchtaer Bach und der Seebach von Westen kommend in die Unstrut.



 

Altengottern gehörte erst zur Landgrafschaft Thüringen und seit dem 13. Jahrhundert zu Sachsen. 1652 wurde der Erbmarschall von Thüringen, Levin Marschall, vom sächsischen Kurfürsten als Lehnsherr für Altengottern eingesetzt. Im 17. Jahrhundert entstanden dann neben dem Schloss auch die beiden Kirchen des Dorfes, St.Trinitatis und St.Wigberti.
Die Familie von Marschall, 1946 enteignet und in den Westen geflüchtet, ist heute wieder in ihrem Dorf ansässig.








In der Nähe von Nägelstedt beim Kloster Homburg an der Unstrut hatte Kaiser Heinrich IV. das aufständische Heer der sächsischen und thüringer Adligen geschlagen.
Nägelstedt gehörte nach dem thüringer Erbfolgekrieg im 13. Jahrhundert ebenfalls zu Sachsen.

Immer wieder war das Unstruttal der Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen. So auch im sächsischen Bruderkrieg im 15. Jahrhundert, der die Trennung in Ernestiner und Albertiner brachte. Auch im Bauernkrieg und im Dreißigjährigen Krieg, im Siebenjährigen Krieg und im Krieg von 1861 zwischen Preußen und Hannover, immer wieder zogen Truppen durch das Land und fanden hier Kämpfe statt.









Im 12. Jahrhundert hatten die Ludowinger die Runneburg gegründet, die neben der Wartburg ein wichtiger Stützpunkt ihrer Macht war.
Hier soll auch eine Befestigung des Thüringer Reiches bestanden haben, wo 531 der König Herminafried den Franken und Sachsen erbitterten Widerstand leistete.
Im Mittelalter wurde dann Weißensee mit der Runneburg zu einer gut befestigten Stadt ausgebaut, kam aber dann ebenfalls an die Wettiner und 1485 an das albertinische Sachsen. Weißensee verlor später immer mehr an Bedeutung und kam 1815 zur preußischen Provinz Sachsen.










 
Bei Burgscheidungen soll 531 an der Unstrut die entscheidende Schlacht zwischen Franken und Thüringen geschlagen worden sein. Eine Schlacht, die das Ende des Thüringer Königreiches bedeutete.
Der Königshof versank in Schutt und Asche und der Dichter Fortunatus schrieb damals: "Lange gesicherte Stätten des Glücks, hochragende Giebel, liegen vom Sieger verbrannt, kläglich in Trümmern und Schutt."




Übrigens -,
zwei für Mühlhausen wichtige Wasserläufe - der Popperöder Bach und die Breitsülze - wurden zwar bei den Mühlen in Mühlhausen (Post-Nr.3) kurz vorgestellt, sollen aber in Kürze noch näher betrachtet werden.

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