Samstag, 11. September 2010

62) Stadtbefestigung - 1 -

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Die innere Stadtmauer und ihre Tore und Türme ...

.. möchte Smiley im Teil 1 des Posts über die Befestigung unserer ehemals freien Reichsstadt Mühlhausen kurz zeigen und beschreiben ...


Ein konkretes Jahr konnte für den Stadtmauerbau bis jetzt noch nicht ermittelt werden. Während einige den Zeitraum um 1170 ansetzten, wurde dann auch die Zeit um 1210 als wahrscheinlich angenommen.
Offensichtlich war dem Stadtmauerbau aber die Besiedelung bei St.Kiliani, in der Unterstadt und auch bei St.Jakobi und in der Neustadt bei St.Marien vorausgegangen.
Die angenommene "via triumphalis" der Neustadt - die wahrscheinlich geplant, aber nicht völlig zur Ausführung kam -wurde dann allerdings durch den Bau derStadtmauer hinfällig.

Beginnen wir unseren Rundgang um die etwa 2.700 meter lange innere Stadtmauer am heute noch vorhandenen inneren Frauentor.
Das Tor führte zur Kirche "unserer lieben Frauen" - der Marienkirche - und war ursprünglich ein mehrstöckiger hoher Turm, der 1649 ausbrannte und 1654-55 in der heutigen Form erneuert wurde. Das Vortor wurde lt. Altenburg 1552 gebaut und 1830 abgebrochen.
Das Aquarell zeigt den Zustand etwa um 1840.


Am romantischsten zeigt sich die innere Stadtmauer am Hirschgraben.., der immer noch von den meißten Mühlhäusern als Hoher Graben bezeichnet wird. Hier ist noch der hohe Wall und der Graben vor derMauer vorhanden, die früher fast die ganze innere Stadtmauer umgaben.
Im Hirschgraben hatte die Stadt im 17. Jahrhundert ein Hirschgehege eingerichtet.
Zwischen Frauentor und Pfortentor standen früher 5 Stadtmauertürme.
Auf dem Bild von Carl Michel im Vordergrund der Hospitalturm und im Hintergrund der Rabenturm.
Der Turm an der Regensgasse wurde 1688 abgenommen Auf den Turmstümpfen entstanden dann "Lusthäuschen" der anliegenden Grundstücksbesitzer in derHolzstraße, die heute ebenso wie die Stadtmauer besichtigt werden können.

Der Turm in der Sackgasse in einer Aufnahme aus den zwanziger Jahren. Wie hier waren die meisten Stadtmauertürme nach der Stadtseite offen.
Die einzelnen Geschosse waren über Leitern erreichbar.
Hier handelt es sich um einen Typ der ersten Bebauungsperiode, wo die Vorderseite noch mit der Mauer abschloss. Erst später entstanden halbrunde oder mehreckige Türme, wie der Hospitalturm oder der Rabenturm.
Von der Petrikirche bis zum Pfortentor reichten der Petri- und der Pfortenteich, die - wie der Burgteich - der Fischzucht dienten und - wie dieser - im 19. Jahrhundert trocken gelegt wurden.


Das Pfortentor wurde als letztes Tor der inneren Stadtmauer im Jahre 1891 abgebrochen.
Es war wohl schon im 13. Jahrhundert als enge Eselspforte entstanden und wurde im 18. Jahrhundert durch ein neues Tor ersetzt.
Auch das Vortor, das erst in Richtung Schaffentorstraße führte, wurde 1720 durch ein neues Tor in Richtung Ammerstraße ersetzt, aber bereits 18.. abgebrochen.
Die oberen Stockwerke der Türme dienten zuerst zur Unterbringung der Torwächter bzw. Zöllner, aber oft auch als Wohnung für Stadtbedienstete.
So stürzte der Kanzleibote Nicol im Jahre 1622, der im Pfortentor wohnte, betrunken von der steilen Treppe ".. und fiel sich zu tode .." wie die Chronik berichtet.

Zwischen dem Pfortentor und dem Burgtor lagen zwei Türme, die beim Durchbruch der Hoyergasse und der Bollstedter Gasse verschwanden.
Das Burgtor war ursprünglich nur eine Pforte, die zur ehemaligen Reichsburg führte und wurde erst 1612 zum Tor umgebaut.
Auch das äußere Tor auf dem Bilde wurde 1612 gebaut, aber bereits 1801 wieder abgebrochen. 1825 wurde dann auch das innere Burgtor abgebrochen und eine breite Durchfahrt zur Stätte und zur Burgstraße geschaffen

Der Abbruch historischer Stätten hatte in Mühlhausen Tradition. So zerstörten die Bürger der Stadt die damalige Reichsburg im Jahre 1256 so gründlich, daß nur noch der Name an die Burgstätte erinnerte.
1851 erwarb dann der Bierbrauer Weymar das Gelände, baute hier seine Brauerei und die heute noch vorhandene "Kunstruine", so daß wenigstens heute noch etwas an die ehemalige Königspfalz erinnert.


Vorhanden ist auch noch das Teilstück der Stadtmauer, das die Bürger um 1250 zwischen der Stadt und der Burg errichteten.Auch der Turm in der Breitenstraße war früher bewohnt, wurde aber 1899 abgebrochen. Jetzt befindet sich hier der Durchgang zur Burggalerie, einem beliebten Einkaufszentrum auf dem Burggelände, mit dem aber auch die letzte Möglichkeit einer Erforschung der früheren Burgstätte vertan wurde.


Verschwunden ist 1867 auch der sogenannte Pulverturm, der am Ende der Hauptmannsgasse stand. Der Durchbruch der Hauptmannsstraße zum Kreuzgraben im Jahre 1875 wurde später als Alexandertor bezeichnet, weil er vom Stadtrat Alexander Gräger angeregt worden war.Zwischen dem Burgtor und dem Görmartor lag früher der Burggraben und der Kreuzgraben, die später verfüllt wurden. Auf diesem Teilstück der Stadtmauer lagen 6 Stadtmauertürme, von denen jetzt nur noch der Tollturm am Kreuzgraben vorhanden ist.



Der mächtige Tollturm am Kreuzgraben diente früher oft als Gefängnis und außerdem wurden hier laut Altenburg ".. tolle und unsinnige Menschen verwahrt .." Der Turm lag weit abgelegen von den eng bebauten Gassen, so daß die Schreie der Geisteskranken nicht gehört wurden.
Wahrscheinlich wurden hier auch im 17. Jahrhundert die "Hexen" eingesperrt, die ja vor dem meist sicheren Todesurteil erst einmal peinlich verhört wurden. Die "Hexengasse" hinter der Stadtmauer dürfte daher ihren Namen haben.
Auf dem Foto vor etwa hundert Jahren, herrschten aber dann hier die hohen Leimsiederhäuser vor, die damals mehr am Stadtrand lagen.

Das Görmartor wurde von Altenburg als das älteste der inneren Stadttore bezeichnet. Es wurde 1597 erneuert. Von hier ging die Straße zur wichtigen Unstrutfurt und der späteren Wagenstedter Brücke, von der die alten Landstraßen in den Norden und Nordosten führten. Das innere Tor wurde 1850 abgebrochen.
Das mittlere Tor wurde bereits 1822 abgebrochen. Hier zweigte noch vor der Brücke über den Mühlgraben die Straße zum Klingentor ab, durch das man direkt nach Görmar kam.

Altenburg zeigt um 1824 noch 5 Stadtmauertürme zwischen dem Görmartor und dem Erfurter Tor auf, von denen aber zwei bereits 1790 und 1799 abgebrochen wurden. Auch die anderen Türme gibt es hier nicht mehr, ebenso wie der Graben, der dem Kiliansgraben seinen Namen gab.
Das Erfurter Tor gehört mit zu den ersten Stadttoren, wurde aber erst 1290 urkundlich erwähnt. Das mittlere Tor wurde 1592 errichtet und wie das innere Tor 1841 abgebrochen. Von hier führten die wichtigen Straßen in den Süden und nach Südosten.



Zwischen dem Erfurter Tor und dem Neupfortentor lagen am unteren Lindenbühl zwei Türme.
Die neue Pforte wurde wohl nach der Eselspforte, aber wahrscheinlich noch im 13. Jahrhundert angelegt, 1527 zum Neupfortentor umgebaut und 1573 erweitert.
Vom inneren Tor führte eine Brücke über den Brunnenkressgraben zum mittleren Tor. Beide Tore wurden aber bereits 1827 abgebrochen und nur das Zollhäuschen auf dem Lindenbühl stand noch eine Zeitlang.

Auch am Lindenbühl gab es einen Wall und einen tiefen Graben vor der Stadtmauer. Zwischen dem Neupfortentor und dem Felchtaer Tor gab es früher 8 Türme, zu denen auch der heute noch vorhandene fünfeckige Turm gehörte.
Im Graben vor der Stadtmauer floss ein kleiner Bach an dessen Ufer die allseits geschätzte Brunnenkresse wuchs. Die heutige Brunnenkressstraße erinnert noch an diese Zeit.

Der Lindenbühl hat seinen Namen von dem Bühl der Herren von Bodenstein, die im Mittelalter südwestlich des Felchtaer Tores einen befestigten Feudalhof - einen Bühl - hatten.
Solche Feudalhofe der königlichen Ministerialen gab es damals sowohl in und vor der Stadt, die hier sowohl eine Überwachungs- wie auch eine Schutzfunktion hatten.
Der Wall am Lindenbühl wurde später mit Linden bepflanzt und Ende des 19. Jahrhundert entstanden auch hier die Anlagen, die heute fast um die gesammte Innenstadt umgeben.

Das Felchtaer Tor war ursprünglich das Tor zur Straße in die Vogtei und nach Eisenach, die über den Spielberg und Felchta führte. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts ging es dann von hier über die Wanfrieder Straße nach Eschwege.
1837 war das Tor dann bereits abgebrochen und ein Jahr später folgte auch das mittlere Tor. Dieses wurde 1413 erstnals erwähnt und 1598 mit einer "welschenKuppel" neu errichtet.

Am Kugelleich wurde 1878 die alte Befestigung zwischen Hohem Graben und Felchtaer Tor abgetragen und ein Durchgang zur Jakobistraße geschaffen. Von den 6 Türmen zwischen dem Felchtaer Tor und dem Frauentor gibt es heute keinen mehr. Auch die sogenannten Erkundungsstühle, die sich in der Nähe der Stadttore befanden, sind bis auf den einen zwischen Frauntor und Rabenturm verschwunden.
Auf dem Bild der ehemalige Turm an der Ecke Hoher Graben / Kugelleich.
Die Stadtmauer selbst wurde aber durch die Jahrhunderte immer wieder instand gesetzt. Wobei allerdings besonders Ende des 19. Jahrhunderts auch einige Stücke anderen Bauten weichen mußten.


So wurde 1879 auch am Ende der Wahlstraße der frühere Turm, dessen Turmstumpf zuletzt als Spritzenhaus diente, abgerissen und über einen Durchbruch am Wall des Hohen Graben eine Verbindung zum Bastmarkt geschaffen.
Die Sackgasse wurde hier früher als "Silbere Ecke" bezeichnet, ein Pendant zur "Güldenen Ecke" in der Nähe des Frauentores.
Die Stadtmauer war durchlässig geworden, aber einige Teile zeigen noch die frühere Wehrhaftigkeit der ehemals freien Reichsstadt und stehen jetzt unter Denkmalsschutz.


Am inneren Frauentor, wounser Rundgang um die Stadtmauer begann, endet er auch.
Überall hat es Veränderungen gegeben. Die Stadttore, die früher dem Schutz (.. und den Zolleinnahmen ..) der Stadt dienten, wurden im 19.Jahrhundert als lästige Hindernisse nach und nach abgebrochen.
Hier spielte wohl auch die unbeliebte Torsperre eine Rolle, denn die Tore wurden bei Sonnenuntergang geschlossen und erst bei Sonnenaufgang wieder geöffnet.
Das Frauentor entging dem Abriss nur durch die daneben angelegten Zusatztore, wobei allerdings einige der alten Häuser neben dem Tor weichen mußten.


Na ja ..., Smiley bedauert auf der einen Seite die verschwundenen Tore und Türme der Stadtbefestigung, durch die unsere Stadt heute als das Rotenburg von Thüringen gelten könnte ....
.. aber der Fortchritt machte besonders in der Vergangenheit vor solchen Gedanken keinen Halt ...
.. darum gilt es jetzt noch mehr das Vorhandene weiter zu pflegen und damit der Nachwelt zu erhalten ..



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